Unvergessliche Momente für die ehemalige Rollstuhlfechterin Esther Weber bei den Paralympischen Spiele in London
Waldkirch/London (hbl). Unvorstellbar, auf der weltberühmten Tower Bridge die Fackel tragen und zuvor beim Empfang von Londons Bürgermeister Boris Johnson. Esther Weber ist nach ihrer Rückkehr von den Paralympischen Spielen immer noch wie hypnotisiert. Die ehemalige Rollstuhlfechterin und Paralympicsiegerin von 1992 kann ihre Gefühle nicht verbergen, es fühlt sich immer noch an wie ein Sechser im Lotto.
Noch vor dem Flug zu den Paralympischen Spielen in London hieß es vom dortigen Organisationskomitee, dass die einstige für den SV Waldkirch startende Rollstuhlfechterin in der Nähe der Tower Bridge die paralympische Flamme tragen sollte. Selbst das war schon eine Riesenfreude. Nach vier Teilnahmen als aktive Rollstuhlfechterin von 1992 bis 2004 empfand die in Gutach lebende Esther Weber ihre Einladung als Fackelträgerin als eine große Ehre. Insgesamt 625 Fackelträger waren hierzu auserkoren. Davon wurden vom „International Paralympic Committtee“ (IPC) aber lediglich 15 Paralympicteilnehmer von 1960 bis heute bestimmt und eine davon, war sie als Paralympicsiegerin von Barcelona vor genau 20 Jahren und weiteren acht Silber- und Bronzemedaillen bis zu den Spielen 2004 in Athen. Und dass sie dann am Eröffnungstag in einem 5-Personenteam die paralympische Flamme in der Nähe des Londoner Wahrzeichens tragen sollte, alleine da war die Freude riesengroß. Rechtzeitig hatten sich die fünf Auserwählten beim Übergabepunkt „Tower Hamlets“ eingefunden, dem letzten Wechsel vor der Tower Bridge.
Nur eine Fackelträgergruppe beim Londoner Bürgermeister
Doch dann eine weitere, unerwartete freudige Überraschung. Ihr 5er-Team wurde plötzlich zu einem Empfang anlässlich der olympischen Spiele der Behinderten in die City Hall eingeladen. Warum ausgerechnet diese Fünfergruppe? Esther Weber hat nur eine Erklärung, es waren alle Paralympicsieger so wie die Italienerin Francesca Porcellato, eine mehrfachen Goldmedaillengewinnerin bei den Sommer- und sogar Winterspielen.
Großes Lampenfieber, der Puls stieg gewaltig als sie in einem proppevollen Rathaus vom Londoner Bürgermeister (Mayor) Boris Johnson begrüßt wurden. Der Mayor der Weltstadt zeigte sich exzellent vorbereitet, so Esther Weber, sprach von der Bedeutung der Spiele und stellte in lockerer Form die Sportarten vor, so auch das wheelchair fencing. Als er eben vom Rollstuhlfechten sprach, neigte er seinen Blick zu ihr. Im Anschluss dann ein weiterer Höhepunkt, ein gemeinsames Foto der Tower Bridge-Gruppe vor dem Wahrzeichen der britischen Hauptstadt mit Londons Mayor Boris Johnson, ein Bild das dann auch in den englischen Medien erschien.
Esther Weber direkt auf der Tower Bridge
Doch draußen zog sich der Fackellauf hin. Ihre Kinder Sarah-Kim (18) und Daniel (13) und viele unzählige Zuschauer warteten auf der Brücke auf die früheren Paralympicsieger und Fackelträger mit Esther Weber, fast drei Stunden hatten die Fackelläufer Verspätung. Doch dann der große Augenblick für die ehemalige SVW-Rollstuhlfechterin. Auf der legendären und weltbekannten Tower Bridge, direkt nach dem Turm, übernahm sie die Fackel von der Italienerin Francesca Porcellato und trug sie rollend über die Themse. „Gänsehaut pur“, emotional überragend, sie kann diese Eindrücke selbst nach ihrer Rückkehr kaum beschreiben. Dazu eine Menschenmenge rechts und links auf der Brücke, es herrschte trotz Verspätung eine riesige Partystimmung, mittendrin ihr Sohn und ihre Tochter, die eifrig diesen überwältigenden Moment für ihre Mutter mit der Kamera festhielten. Für die beiden Kinder war es auch ein mehr als bewegender Moment, die 5. paralympischen Spiele ihrer Mutter mit erleben zu dürfen, dieses Mal aber in einer anderen Funktion. Abends nahmen sie dann an der fulminanten Eröffnungsfeier im Olympiastadion teil, mit der feierlichen Eröffnung durch Königin Elizabeth II. Bis zum 9. September dauern sie noch, die paralympischen Spiele, die in Großbritannien und vor allem in den Medien weltweit eine Riesenbeachtung finden und auch im ARD und ZDF übertragen werden.
Für die 44-jährige Esther Weber war das Erlebnis als Fackelträgerin emotional fast gleichbedeutend mit ihren aktiven Teilnahmen. Sie und ihre Kinder nehmen eine unheimlich gigantische Stimmung und Gefühlswelt mit nach Hause und werden den Fechtern und anderen sicherlich noch viele Details erzählen müssen. An dieses Supererlebnis erinnern wird Esther Weber auch „ihre“ Fackel, die sie über die Themse, über die Tower Bridge tragen durfte, auch wenn sie dafür 275,– Euro hinblättern musste, so wie sie auch die Reise selbst bezahlen musste. Doch dafür bleiben ihr Momente, Glücksgefühle und einmalige Erinnerungen an London, die sie wohl nicht vergessen wird.