Interview mit der Rollstuhlfechterin Esther Weber-Kranz
Waldkirch (hbl). Esther Weber-Kranz vom FC Tauberbischofsheim/SV Waldkirch hat als Rollstuhlfechterin eigentlich schon alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Vor vier Jahren holte Esther Weber-Kranz bei den olympischen Spielen für die Behinderten in Sydney vier Medaillen: jeweils zweimal Silber und Bronze im Einzel und der Mannschaft. Jetzt hat sie sich erneut für die Paralympics in Athen qualifiziert, die vom 17. bis 29. September 2004 in Griechenland ausgetragen werden. Vor dem letzten Leistungslehrgang im Fechtzentrum und Olympiastützpunkt Tauberbischofsheim unterhielt sich Hubert Bleyer, Pressewart der Waldkircher Fechtabteilung und des Südbadischen Fechterbundes, mit Esther Weber-Kranz.
Frau Weber-Kranz, kribbelt es schon wenn sie an Athen denken?
Im Moment noch nicht so sehr. Ich versuche mich aber jetzt langsam mental auf die Paralympics einzustellen. Dazu kommt ein dreimal wöchentliches, intensives Training bei uns in Waldkirch. Trainer Aubert Sirjean gibt mir gezielte Lektionen, wenn es sein muss, sogar zu Hause. Hinzu kommt noch ein letzter, intensiver Vorbereitungslehrgang am Olympiastützpunkt Tauberbischofsheim mit den anderen nominierten Rollstuhlfechtern.
Dies sind nun die 4. Paralympics, an denen Sie teilnehmen. Wie haben sich diese entwickelt?
Das sportliche Niveau hat sich im Behindertensport generell gesteigert. So hat sich auch das Niveau speziell beim Rollstuhlfechten seit meiner ersten Paralympicteilnahme 1992 enorm nach vorne entwickelt. Damit meine ich insbesondere die internationale Spitze, die breiter geworden ist und durch neue Länder bereichert wird. Deswegen wurde auch national die Förderung des Leistungssports umgestellt. Ziel dabei ist, die Rollis zu fördern, die international Medaillenchancen haben. Die Messlatte ist somit eindeutig nach oben geschraubt worden. Ob diese erreicht wird, hängt natürlich vom jeweiligen Talent ab und was ich daraus im Training mache.
Wie verlief die bisherige Saison?
Mit dem Verlauf kann ich zufrieden sein. Auf der Habenseite stehen zwei Weltcupsiege noch Ende 2003 in Atlanta. Von den sonstigen Weltcups bin ich stets mit einer Medaille nach Hause gekommen – eine gute Saison liegt hinter mir. Allerdings habe ich auch an weniger Turnieren teilgenommen. Ich bin zuversichtlich, dass sich dieses Handicap durch meine Beständigkeit, meine langjährige Erfahrung ausgleichen lässt und ich mich an den Gegnerinnen steigern werde.
Wie beurteilen Sie ihre Gegnerinnen, die Leistungsstärke der internationalen Konkurrentinnen?
In der Schadensklasse B wird Waltraud Stollwerck vom FC Tauberbischofsheim, für den ich ja starte und unterstützt werde, wie bisher eine ernst zu nehmende Gegnerin sein. Hinzu kommt die internationale Konkurrenz. Ich schätze, dass um die 10 Rollstuhlfechterinnen um die Medaillen kämpfen werden. Stark sind die Ungarinnen, Fechterinnen aus Hongkong, den USA, Frankreich und aus Spanien. Die große Herausforderung und Messlatte wird aber einmal mehr die Polin Marta Wyrzykowska sein. Nicht umsonst liegt sie sowohl im Degen und Florett in der Weltrangliste klar in Führung.
Mit welchen Erwartungen fliegen sie nach Athen?
Wie schon gesagt, die große Favoritin ist einmal mehr die Polin Marta Wyrzykowska. Dennoch hoffe ich auf einen Überraschungscoup wie letztes Jahr in Atlanta. Eine Medaille mit der Mannschaft ist mein Ziel und im Einzel hoffe ich auf zwei Medaillen, wobei die Tagesform mit entscheidend sein wird. Der große Traum ist natürlich mit einem Titel nach Waldkirch heimzukommen.
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