Die scheinbare Inszenierung

Anja Friebe wird deutsche Meisterin im Degenfechten

FECHTEN. Anja Friebe ist neue deutsche Meisterin der Juniorinnen im Degenfechten. In der Waldkircher Kastelberghalle setzte sich die 19-Jährige in einem ziemlich packenden Finale gegen Jennifer Sandmann durch und gewann mit 15:14 Treffern äußerst knapp.

Fast schien es, als hätten sich die beiden Finalistinnen vorher abgesprochen, um es möglichst spannend zu machen. Anja Friebe (Heidenheim) und Jennifer Sandmann (Offenbach) zeigten spannenden Sport, schenkten sich nichts und parierten Stich um Stich. Der Höhepunkt der vermeintlichen Inszenierung war dann das Ende des Kampfes: Beim Stand von 14:14 musste der letzte Treffer über Sieg und Niederlage – also über die deutsche Meisterschaft entscheiden. Friebe, die Offensivere von beiden, setzte alles auf eine Karte, griff an und gewann schließlich, obwohl sie sich zuvor nicht als die Nervenstärkere erwiesen hatte. Sie war sich des Risikos bewusst: „Ich musste angreifen, musste mutig sein. Alles oder Nichts eben“, sagte sie hinterher, gestand aber ein, dass „ich auch alles hätte verlieren können“. Dann nämlich, wenn die Defensivfechterin Jessica Sandmann wie so oft in diesem Kampf den Angriff ausgekontert hätte. So reichte es für die zwei Jahre jüngere Sandmann wieder „nur“ zu Platz zwei, nachdem sie 2003 in Waldkirch schon einmal Zweite geworden ist – damals allerdings noch in der A-Jugend. Dennoch war sie zufrieden: „Ich freu‘ mich trotzdem, denn ich bin weiter gekommen als ich dachte.“

Sandmann als Siegerin wäre nicht unverdient gewesen, da sie in diesem Kampf mehrmals in Führung lag und auch abgeklärter und ruhiger als Friebe wirkte, die angespannt schien und sich deshalb immer wieder lauthals über getroffene Stiche freute – je lauter, desto wichtiger war der Punkt. So war es auch kein Wunder, dass sich ihr Trainer Piotr Sozanski ähnlich enthusiastisch zeigte und später eingestehen musste, dass er einen „Herzkasper“ kriege, wenn Anja Friebe es nochmal so spannend machen würde.

Eher besonnen reagierte hingegen Bundestrainer Manfred Kaspar auf das Ausscheiden seiner Nachwuchsfechterin Marta Nowakowski (Bonn), die im Halbfinale an der späteren Vizemeisterin scheiterte. Friebe hatte sich im Halbfinale gegen Monika Hoffmann (Offenbach) durchgesetzt. Damit waren unter den letzten Vier all diejenigen, die auch in der Weltcup-Rangliste weit oben stehen. Für Friebe war es nicht der größte Erfolg – ihr bisher größter war der Gewinn des Juniorenweltcups im vergangenen Jahr. Sie will auch weiterhin erfolgreich sein: „Langfristig will ich zu Olympia“, sagt sie selbstbewusst. Ihr Trainer Sozanski traut ihr das auch zu: „Sie ist eine sehr ehrgeizige Sportlerin. Manchmal vielleicht zu sehr. Aber sie ist auch sehr zielstrebig und ich glaube, dass sie es irgendwann schafft. Wahrscheinlich noch nicht 2008 nach Peking, aber 2012 mit der notwendigen Erfahrung sollte klappen.“ Jetzt muss sie sich aber erst mal bei den Aktiven behaupten, zu denen sie nach der Saison 2004/05 wechselt.

Weit weniger erfolgreich als Friebe waren die Waldkircher Fechterinnen. Sie reihten sich hinter der 16-jährigen Katharina Blattmann ein, die mit Platz 37 zwar das beste Waldkircher Ergebnis stellte, sich selbst aber etwas mehr zugetraut hätte. Ihre ältere Schwester Carolin (18) wurde 44., die sehr jungen Fechterinnen Sophia Stürmer (13), Michaela Klausmann (14) und Cornelia Bleyer (14) kamen auf die hinteren Plätze, wollten aber ohnehin nur Turniererfahrung sammeln.

Von unserem Mitarbeiter Andreas Frey